Thermoaktive Lehmmöbel mit PCM: Das Sideboard, das Ihr Wohnzimmer passiv kühlt
Hitzewellen werden häufiger, Klimageräte fressen Strom – warum also nicht die Kühlung ins Möbel verlagern? Thermoaktive Lehmmöbel mit Phasenwechselmaterial (PCM) stabilisieren die Raumtemperatur ganz ohne Kompressor. Ein Sideboard, das tagsüber Wärme schluckt und nachts über Lüftungsschlitze regeneriert, verbindet Energiesparen, gesundes Raumklima und gutes Design.
Warum Kühlung ins Möbel ziehen?
- Punktgenau: Kühlt dort, wo Sie sitzen, lesen, schlafen – ohne die komplette Wohnung herunterzufahren.
- Leise: Keine Ventilatoren, kein Brummen. Lehmoberflächen dämpfen zugleich den Nachhall.
- Gesund: Lehm reguliert Feuchte, bindet Gerüche und Feinstaub elektrostatisch kaum auf.
- Nachhaltig: Erd- und Pflanzenfasern, wiederverwendbare PCM-Module, minimale Betriebskosten.
Physik kurz erklärt: Phasenwechsel als Temperatursenke
Phasenwechselmaterialien schmelzen bei einer definierten Temperatur (z. B. 24 °C) und nehmen dabei viel latente Wärme auf, ohne wärmer zu werden. Abends oder nachts erstarren sie wieder und geben die Wärme kontrolliert ab – ideal bei Nachtlüftung.
- PCM-Typen: Salz-Hydrate (preiswert, hohe Energiedichte) oder Paraffine (chemisch stabil, geringer Korrosionsbedarf). Für Wohnräume beliebt: 24–26 °C Schmelzpunkt.
- Leistungszahl: 1 kg Salz-Hydrat-PCM speichert ca. 150–220 kJ beim Schmelzen. 10 kg decken grob 0,4–0,6 kWh Last.
- Lehm + PCM: Lehm puffert Feuchte (Sorption), verbessert Oberflächenkontakt und verteilt Wärme gleichmäßiger über Kapillarporen.
Aufbau eines PCM-Lehm-Sideboards
- Front und Deckplatte: 20–25 mm Lehmbauplatten mit Hanffasern, offenporig, geölt oder fein gespachtelt.
- PCM-Kern: Makrogekapselte Salz-Hydrat-Packs (24 °C), Gesamtmasse 12–25 kg je Meter Sideboard.
- Luftkanäle: Vertikale Konvektionsschächte (Ø 30–40 mm) hinter der Front, unten Einlass, oben Auslass. Optional Jalousie für Nachtbetrieb.
- Rückwand: Holzwerkstoff oder Lehmleichtbau, mit Wartungsklappe für PCM-Tausch.
- Füße: 30–60 mm Bodenabstand für Lufteintritt und Reinigung.
Dimensionierung: Wie viel PCM braucht mein Raum?
Für gut beschattete Wohnräume können Sie grob planen: 0,5–1,0 kg PCM pro m² Wohnfläche reduziert Temperaturspitzen um etwa 1–2 K über 4–6 Stunden. In Dachgeschossen oder bei Westfassaden ist das Doppelte sinnvoll.
| Raumgröße | PCM-Masse | Typische Wirkung |
|---|---|---|
| 15 m² | 10–15 kg | ≈ 1 K Peakreduktion, 3–4 h Verzögerung |
| 20 m² | 12–20 kg | 1–2 K Peakreduktion, 4–6 h Verzögerung |
| 30 m² | 20–30 kg | bis 2 K, 6–8 h bei Nachtlüftung |
Wichtig: Externe Verschattung (Außenrollo, Markise) und Nachtluft sind die halbe Miete.
Fallstudie: Altbau-Wohnzimmer 22 m², Südwest, Berlin
- Setup: 1,8 m PCM-Lehm-Sideboard (26 kg PCM, 24 °C), außen Markise, Querlüftung 22–6 Uhr.
- Ergebnis (Juli–Aug.):
- Maximaltemperatur innen: 27,1 °C → 25,0 °C (–2,1 K)
- Spitzenverzögerung: 5 h; Luftfeuchte stabil 45–55 %
- Strom: 0 kWh (nur Sensorik, USB 0,5 W)
DIY: Bauanleitung für ein 120 cm PCM-Lehm-Sideboard
Materialliste
- Lehmbauplatten 25 mm, 2 Stück 120 × 40 cm (Front, Deckel)
- Corpus aus Multiplex 15 mm, formaldehydfrei
- PCM-Packs Salz-Hydrat 24 °C, Gesamt 15 kg (makrogekapselt, dicht)
- Rundkanäle oder Bohrungen Ø 35 mm für Konvektionsschächte
- Lehmfeinspachtel und Kasein- oder Silikatfarbe
- Pflanzenöl-Wachs oder Seife als Finish
- Jalousie- oder Schieberleiste für Nachtlüftungsöffnung
- Gummipuffer/Füße, 40 mm Höhe
- Optional: Temperatursensor, Fensterkontakt, Mikro-Controller (Matter/Wi‑Fi)
Schritt-für-Schritt
- Corpus zuschneiden, Rückwand mit Wartungsklappe vorsehen.
- Konvektionsschächte hinter der Front anlegen: unten Schlitz 15 × 300 mm, oben 2 × 25 mm Schlitze.
- PCM-Packs flächig in Taschen einlegen, thermischen Kontakt zu Lehmfront maximieren (komprimierbare Wärmeleitpads oder Lehmmörtel in dünner Schicht).
- Lehmfront und Deckel montieren, Fugen mit Lehmspachtel schließen.
- Oberfläche matt verspachteln, nach Trocknung mit Kaseinfarbe streichen oder seifen.
- Nachtlüftungs-Schieber oben einsetzen (manuell oder servogesteuert).
- Füße montieren, Möbel wandfrei aufstellen (mind. 5 cm zur Wand für Luftabfuhr).
Bauzeit: ca. 6–8 h. Materialkosten: 280–520 € (je nach PCM und Lehmfinish).
Smart Home: Automatisch regenerieren, ohne zu schwitzen
Sensoren
- Fensterkontakt: Erlaubt Nachtlüften nur bei geöffnetem Fenster.
- Temperatur innen/außen: Regelt, wann gelüftet wird (außen kühler als innen).
- Taupunktschutz: Verhindert Kondensatbildung, wenn Außenluft sehr feucht ist.
Automation (Beispiel)
- Wenn 22:00–06:00 und Außen < Innen – 2 K und rel. Feuchte außen < 85 %, dann Lüftungsschieber öffnen.
- Bei Innen-Temperatur unter 23 °C Schieber schließen (Energie konservieren).
Per Matter/Thread lässt sich die kleine Klappe lautlos steuern; Strombedarf liegt bei wenigen Wattstunden pro Nacht.
Vergleich: PCM-Lehmmöbel vs. mobile Klimageräte
| Aspekt | PCM-Lehmmöbel | Mobiles Klimagerät |
|---|---|---|
| Energie | nahe Null (passiv) | 300–1.000 W im Betrieb |
| Lautstärke | geräuschlos | 50–65 dB(A) |
| Kühlwirkung | 2–8 h Peakpuffer, 1–2 K | stark, aber stromintensiv |
| Raumklima | feuchteausgleichend | trocknet Luft, Zugerscheinungen |
| Design | Möbel, frei gestaltbar | technisch, sperrig |
| Ökobilanz | sehr gut, mineralisch | mittel, Kältemittel |
Pflege, Sicherheit, Grenzen
- Pflege: Staub trocken abwischen, bei Flecken mit leicht feuchtem Tuch (pH-neutral). Kein Hochdruck, kein Dampf.
- PCM: Nur werksseitig gekapselte Packs nutzen; sie sind auslaufsicher und tauschbar.
- Kondensat: Bei sehr feuchter Luft Schieber geschlossen halten; Taupunkt im Blick behalten.
- Grenzen: Bei extremer interner Last (> 20 W m⁻²) oder fehlender Nachtlüftung sinkt die Wirksamkeit.
Gestaltungsideen für verschiedene Räume
- Wohnzimmer: Lowboard mit lamellierter Lehmfront als TV-Bank, unsichtbare Luftschlitze im Sockel.
- Schlafzimmer: Lehm-Bettbank am Fußende, sanfte Wärme-/Kühlkurve nah am Körperbereich.
- Homeoffice: Sideboard hinter dem Schreibtisch mit akustischen Reliefs (Diffusorwirkung).
Einkaufstipps: Woran Sie Qualität erkennen
- PCM-Menge pro Meter: Mindestens 10–12 kg je 120 cm für spürbare Wirkung.
- Schmelzpunkt: 24–26 °C für Wohnräume, 22–24 °C für Schlafzimmer.
- Wartung: Modulbauweise mit Tauschmöglichkeit, Herstellerangabe Zyklenzahl ≥ 5.000.
- Lehmoberfläche: Offenporig, emissionsarm (VOC-frei), reparaturfreundlich.
- Nachweis: Datenblatt mit Latentwärme [kJ kg⁻¹], Dichte, Kapselmaterial, Brandschutzklasse.
Nachhaltigkeit: Kühlmöbel als CO₂-Senke
- Material: Lehm, Hanffaser, Holz – niedrige graue Energie, regional verfügbar.
- Betrieb: Keine Kältemittel, quasi null Strom – ideal für PV-Haushalte.
- Ende des Lebenszyklus: Lehm rückführbar, PCM-Packs als sortenreiner Tausch.
Ausblick: 3D-gedruckter Lehm und adaptive PCM-Mixe
- 3D-Druck: Organische Konvektionskanäle, passgenau für Nischen und Fensterbänke.
- Adaptive PCM: Mischungen mit 2 Phasenpunkten (23/27 °C) für längere Wirkdauer.
- Sensorfusion: KI-Modelle prognostizieren Lastspitzen und steuern Nachtlüftung vorausschauend.
Fazit: Möbel, die Wärme managen
Ein PCM-Lehm-Sideboard ist mehr als ein Stauraum – es ist ein stiller Klimapuffer. Kombinieren Sie ausreichende PCM-Masse mit Außenbeschattung und Nachtlüftung, und Sie senken Temperaturspitzen spürbar. Starten Sie mit einem 120–180 cm Lowboard im meistgenutzten Raum und erweitern Sie bei Bedarf. Wer basteln möchte, kann mit dem DIY-Plan oben an einem Wochenende ein funktionales, schönes Kühlmöbel bauen.
CTA: Messen Sie die Raumtemperatur über eine Hitzewoche, notieren Sie Peakzeiten – und planen Sie Ihr erstes thermoaktives Möbel genau für diese Stunden.
